🌿 WeideWissen

Wie traditionelle Weidewirtschaft Umweltbildung und Biodiversität zusammenbringt

Der Verlust biologischer Vielfalt betrifft uns alle – aber besonders spürbar ist er im ländlichen Raum. Artenreiche Offenlandschaften verschwinden, das Wissen um ökologische Zusammenhänge geht verloren, und mit ihnen verschwinden wichtige Chancen auf Umweltbildung und soziale Teilhabe. Genau hier setzt das Projekt „WeideWissen“ des gemeinnützigen sundschäfer e.V. in Vorpommern an: Es kombiniert naturschutzgerechte Weidewirtschaft mit innovativer Bildungsarbeit und schafft lebendige Lernräume direkt auf der Fläche.

Was „WeideWissen“ so besonders macht, ist die Verbindung aus Tradition und Innovation: Schafe, Ziegen oder Rinder beweiden historische Landschaften – doch dabei geht es nicht nur um Pflege und Erhalt, sondern um Erleben, Verstehen und Mitmachen. Die Tiere werden als „Mitgestalter“ naturnaher Ökosysteme verstanden, nicht als Werkzeuge. Ihr Lebensraum wird zum Klassenzimmer unter freiem Himmel.

Bildung, Beteiligung und Biodiversität – gemeinsam denken

Ziel des Projekts ist es, Menschen für die Natur vor ihrer Haustür zu sensibilisieren. Über 500 Kinder und Jugendliche aus der Region sollen durch Exkursionen, Weidetage und Unterrichtsmodule erreicht werden. Eine eigens entwickelte „WeideWissen“-Bildungsbox mit Lehrmaterialien, Lernkarten, Videos und Praxisanleitungen wird Schulen und Kitas zur Verfügung gestellt.

Auch Erwachsene profitieren: Aktionstage, Weideführungen und mobile Ausstellungen in Leichter Sprache, Deutsch, Englisch und Arabisch sprechen Familien, Senior:innen, Zugezogene und bildungsferne Gruppen an. Teilhabe wird hier nicht vorausgesetzt, sondern ermöglicht. Patenschaftsformate, Ehrenamtskreise und niedrigschwellige Mitmachaktionen fördern langfristiges Engagement.

Bundesweites Vorbild dank Förderprogramm

Das Projekt wird durch die Verbändeförderung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) im Rahmen des Bundesumweltministeriums unterstützt. Diese Förderlinie ermöglicht es Umwelt- und Naturschutzverbänden, innovative Projekte für Biodiversität, Bildung und gesellschaftlichen Wandel umzusetzen – ein wichtiges Instrument, das Organisationen wie NABU, BUND, WWF Deutschland und auch kleinere Vereine wie sundschäfer e.V. stärkt.

Auch inhaltlich steht „WeideWissen“ in einer Reihe mit Modellprojekten wie „LIFE Trockenrasen Brandenburg“ oder dem NABU-Projekt „Grünland lebt!“. Diese Vorhaben zeigen, wie extensives Weidemanagement, Umweltbildung und Beteiligung zusammenwirken können, um wertvolle Biotope zu erhalten – und das öffentliche Bewusstsein dafür zu schärfen.

Nachhaltig wirksam – auch über die Projektlaufzeit hinaus

„WeideWissen“ ist nicht auf kurzfristige Effekte ausgelegt. Bereits während der Projektlaufzeit (2026–2027) werden Materialien erstellt, Netzwerke geknüpft und Menschen befähigt, Bildungs- und Pflegeangebote eigenständig weiterzuführen. Digitale Transferpakete, öffentlich zugängliche Lehrmaterialien und Schulungen für pädagogisches Personal ermöglichen eine breite Nachnutzung – auch über die Region Vorpommern hinaus.

Die öffentlichkeitswirksame Begleitung über Social Media, Pressearbeit und eine eigene Projektwebsite mit Mediathek, Weidekarte und Gastbeiträgen von Fachleuten trägt dazu bei, dass das Projekt bundesweit sichtbare Impulse für Umweltbildung und ländliche Resilienz setzt.

Naturerfahrung ist ein Menschenrecht – auch auf dem Land

Gerade im ländlichen Raum ist der Zugang zu naturnaher Umweltbildung nicht selbstverständlich. Dabei bietet genau dieser Raum enormes Potenzial: Erprobte Weideflächen, lokale Akteur:innen, gelebte Traditionen und ein unmittelbarer Bezug zur Landschaft. WeideWissen aktiviert diese Ressourcen – und zeigt: Umweltschutz beginnt vor der Haustür, Bildung beginnt auf der Weide.


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Ein Kommentar

  1. Mit Schafen gegen Klischees – Geschlechtergerechtigkeit auf der Weide

    Wer an Weidewirtschaft denkt, sieht oft männliche Hirtenfiguren vor sich – robuste Männlichkeit in Gummistiefeln. Gleichzeitig gelten Pflege und Bildungsarbeit als „typisch weiblich“. Genau solche tradierten Rollenmuster begegnen uns bis heute – besonders im ländlichen Raum. Das Projekt „WeideWissen“ des sundschäfer e.V. zeigt, dass es auch anders geht.

    Im Zentrum steht ein genderreflektierter Bildungsansatz, der Gleichstellung nicht nur mitdenkt, sondern lebt: Die Projektmaterialien sind geschlechtergerecht formuliert, visuell vielfältig gestaltet und vermeiden stereotype Darstellungen. Mädchen dürfen Zäune bauen, Jungs Wildkräuter bestimmen – und Menschen, die sich jenseits binärer Geschlechter verorten, finden ausdrücklich Platz im Lernraum Natur.

    Die Projektleitung achtet auch auf eine ausgewogene Repräsentation bei Vorträgen, Führungen und Medienauftritten. Lehrkräfte, Ehrenamtliche und Kooperationspartner:innen werden geschult, Genderkompetenz aktiv gefördert. Sogar die Evaluation ist geschlechtersensibel – ein Aspekt, der oft übersehen wird.

    Damit setzt „WeideWissen“ wichtige Impulse im Sinne der Gleichstellungsziele der UN-Nachhaltigkeitsagenda (SDG 5). Es geht nicht nur um Biodiversität, sondern auch um soziale Gerechtigkeit im Zugang zu Umweltbildung.

    Projekte wie dieses sind Teil eines Wandels, den auch große Verbände wie BUND, WWF oder NABU längst unterstützen – etwa durch geschlechtergerechte Sprache in ihren Publikationen oder gezielte Förderung weiblicher Fachkräfte im Naturschutz.

    Wer Umweltbildung zukunftsfähig machen will, muss Machtverhältnisse sichtbar machen – und Vielfalt ermöglichen. Das Projekt „WeideWissen“ beweist: Auch eine Weide kann ein Ort gesellschaftlicher Emanzipation sein.

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